Ein deutscher Spielzeughersteller verhandelt im Jänner mit einem potentiellen Händler in der Provinz Henan. Im März entdeckt er, dass seine Marke von einer Privatperson aus dieser Provinz angemeldet wurde. Reiner Zufall? Ein österreichischer Maschinenbauunternehmer plant seinen Markteintritt, erlebt dabei eine böse Überraschung: seine Marke wurde bereits in China angemeldet, von einem sogenannten Trademark-Squatter, der auch andere 180 ausländische Marken registriert hat. Ein anderer europäischer Komponentenhändler lässt seit Jahren Teile in China fertigen. Durch Zufall stellt er fest, dass einer seiner Lieferanten bereits Inhaber seiner Marke ist. … Dies sind reale Fälle. Nur Namen und Details habe ich aus Datenschutzgründen geändert. Leider handelt es sich dabei nicht um Einzelerscheinungen.
Obwohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Schutz des geistigen Eigentums in China verbessert wurden, stellt das Thema für ausländische Unternehmen oft eine große Herausforderung dar. Wie können Sie Ihre Marken im Reich der Mitte effizient schützen?
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Melden Sie Ihre Marke in China rechtzeitig an, bevor Sie überhaupt konkrete Pläne für die Markterschließung haben. Nur eine in China (entweder über CTMO oder WIPO – siehe
Punkt 2) registrierte Marke ist eine geschützte Marke. Es gilt die „First-to-File“-Regelung. Das heißt, wer eine Marke zuerst anmeldet, hat das Recht darauf, auch wenn es sich um eine
weltweit bekannte Marke handelt – beispielsweise iPad – dafür hat Apple 60 Millionen US Dollar bezahlt. Deswegen gibt es eine große Anzahl von sogenannten „Trademark-Squatters“, die gezielt
vorhandene Marken anmelden und darauf spekulieren, dass die eigentlichen Eigentümer eine große Summe für den Transfer zahlen. Bei den in der Einleitung erwähnten Beispielen handelt es sich um
solche Fälle. Die jüngsten Änderungen des Markengesetzes (Trademark Law), die im November 2019 in Kraft treten, sollten ungerechtfertigte Markenanmeldungen verhindern. Die Ergebnisse der
Umsetzung des Gesetzes muss man abwarten. Es ist immer noch ratsam, Ihre Marke(n) rechtzeitig anzumelden, da das Verfahren in der Regel 12 bis 18 Monate dauert. Bitte beachten Sie dabei, dass
Marken in Taiwan, Hong Kong und Macau separat angemeldet werden müssen.
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Reichen Sie die Anmeldung direkt in China ein, nicht über die WIPO (World Intellectual Property Organisation oder das Madrid-System). Obwohl es einfacher und oft
kostengünstiger ist, eine Marke über das Madrid-System in mehreren Ländern inklusive China anzumelden, ist es empfehlenswert, die Anmeldung für China direkt in China beim Chinese Trade Mark
Office (CTMO) einzureichen. Erstens: eine Anmeldung über das WIPO-Verfahren in China dauert länger. Zweitens: aufgrund der zusätzlichen Produktuntergruppen, die im Nizza-System nicht
verwendet werden, ist es schwierig, eine WIPO-Anmeldung genau den chinesischen Standards entsprechend einzuordnen. Mögliche Folge: Lücken im Umfang des Markenschutzes. Auch wenn es
theoretisch keinen Unterschied zwischen WIPO- und China-Anmeldungen gibt, ist es in der Praxis vorteilhaft, diese in China einzureichen und ein Zertifikat in chinesischer Sprache zu erhalten,
welches die Durchführung der Vollstreckung vor Ort einfacher macht.
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Registrieren Sie Ihre Marke in chinesischer Sprache. Eine angemeldete Marke in lateinischen Zeichen stellt keinen ausreichenden Schutz dar, weil der Markenname normalerweise
auf Chinesisch kommuniziert wird. Wenn es keinen offiziellen chinesischen Markennamen gibt, wird einer „erfunden“. Zum Beispiel wurde Lacoste aufgrund des Logozeichens als „E Yu Pai 鳄鱼牌“
(Krokodil-Marke) genannt. Im schlimmsten Fall könnte ein Plagiator einen gängigen chinesischen Namen von Ihrer Marke anmelden, geschehen bei der Marke Jordan von Nike. Der NBA-Star Jordan ist
in China als Qiao Dan 乔丹 bekannt. Ein chinesischer Sportbekleidungshersteller meldete kurzerhand den chinesischen Namen des Sportlers als eigene Marke an und klagte sogar Nike wegen
Markenrechtverletzung. Marken mit chinesischen Namen finden allgemein eine höhere Akzeptanz und werden im Internet auch öfter gesucht und können vor Plagiaten schützen. Wegen Chinas
sprachlicher Verschiedenheiten ist die Namensfindung für westliche Unternehmen eine Herausforderung. Es gibt tausende von Schriftzeichen, und dutzende von Dialekten. Darüber hinaus sorgen
zahlreiche Homophone für zusätzliche Verwirrungen. (Homophon: eine Silbe/Aussprache mit unterschiedlichen Bedeutungen – z.B. bis zu 149 Bedeutungen für die Silbe „Yi“.) Es gibt einige
Vorgehensweisen für die Namensfindung (Details siehe meinen anderen Blog zum Thema Namensgebung):
a. Ohne Übersetzung – wie z.B. IBM, 3M, ABB usw.
b. Rein phonetische Übersetzung – wie McDonald’s heißt „Mai Dang Lao 麦当劳“ oder Siemens „Xi Men Zi 西门子“. Diese Zeichen sind beinahe willkürlich zusammengesetzt ohne viel Bedeutung und daher meist schwer einprägsam.
c. Phonetische Übersetzung mit chinesischer Bedeutung – wie z.B. Coca Cola heißt „Ke Kou Ke Le 可口可乐 – Köstlich und glücklich“ oder MAM „Mei An Meng 美安萌 – schön, friedlich, niedlich“. Während die Aussprache des westlichen Namens berücksichtigt wird, übermitteln chinesische Zeichen zusätzlich eine besondere, markenrelevante Bedeutung. Das ist im Allgemeinen die ideale aber auch anspruchsvollste Lösung. Es werden teilweise hunderte verschiedene Kombinationen von Zeichen kreiert und evaluiert, um die geeignetste Variante auszuwählen.
d. Semantische Übersetzung – wie z.B. Volkswagen heißt „Da Zhong Qi Che 大众汽车“, Apple als „Ping Guo 苹果“ oder Shell als „Ke Pai壳牌“. In den meisten Fällen jedoch können westliche Eigennamen nicht semantisch übersetzt werden.
e. Ohne Bezug – wie z.B. Citibank heißt „Hua Qi Yin Hang 花旗银行– Bunte Flagge Bank. Die Bank übernahm den von Konsumenten erfundenen Spitznamen, der sich auf die am Firmengebäude gehisste US-Flagge bezog.
f. Kombination – wie z.B. Unilever heißt „Lian He Li Hua 联合利华 - Vereint (semantisch), Vorteil, China (phonetisch mit Bedeutung)“.
Viele europäische Unternehmen überlassen die Namensfindung ihren chinesischen Angestellten oder Juristen. So wurde Googles chinesischer Name (Gu Ge 谷歌– Getreide, Lied) von den eigenen Mitarbeitern gestaltet, mit dem Ergebnis, dass dieser Name in China als eigenartig und zu simpel wahrgenommen wird. Ein passender chinesischer Name ist keine Garantie für den Erfolg, kann aber, insbesondere bei neuen Marken, die Markenbildung erleichtern. Deswegen sollten Unternehmen für die Namensfindung unbedingt interne oder externe Experten konsultieren, die sowohl über vertiefte Kenntnisse beider Sprachen als auch entsprechendes Marketingwissen verfügen.
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Setzen Sie Ihr Recht gegen Trademark-Squatter durch. Falls jemand Ihre Marke (oder verwechselbar ähnliche Marken) angemeldet hat, könnten Sie durch Mediation oder andere
juristische Verfahren eingreifen. Wenn z.B. die Marke drei Jahre nach der Registrierung nicht benutzt wird, kann man eine Annullierung (Non-Use Invalidation) beantragen. Der Markeninhaber
muss den Nutzungsbeweis vorlegen. Das chinesische Markenamt (CTMO) setzt sich verstärkt gegen den Missbrauch durch „Markenpiraterie“ ein, daher sind die Chancen für die eigentlichen,
legitimen Markeninhaber besser geworden.
- Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Wählen Sie Ihre Geschäftspartner – inklusive Händlern, Lizenzpartnern, Vertretern, Fertigungspartnern, Lieferanten usw. – sorgfältig aus. Schließen Sie IP-Schutzklauseln in alle Verträge und Vereinbarungen ein. Erläutern Sie regelmäßig die Bedeutung dieser Klauseln für die Geschäftsbeziehung und stellen Sie sicher, dass die Partner genau verstehen, was diese Verpflichtungen für beide Parteien bedeuten. Lassen Sie Ihre Marke(n) nicht über Ihre Geschäftspartner oder Ihre eigene Niederlassung in China anmelden. Der Markeninhaber sollte in der Regel die Zentrale sein. Installieren Sie einen Überwachungsprozess, üblicherweise über eine IP-Agentur oder Anwaltskanzlei, um mögliche Markenrechtverletzungen rechtzeitig zu entdecken und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Branding ist von großer Bedeutung – dies gilt im Besonderen für China: extrem harter Wettkampf, relativ unerfahrene Konsumenten und wenig vertrauenswürdige Qualitätsstandards. Eine bekannte Marke schafft Vertrauen, macht Kaufentscheidungen leichter und gilt als Statussymbol (auch für Business-to-Business-Produkte). Deswegen sollten Sie großen Wert darauf legen, Ihr wichtiges Vermögen – Ihre Marke – richtig aufzubauen und zu schützen. Sprechen Sie mit einem Markenspezialisten bzw. einem IP-Anwalt!
(Dieser Beitrag wurde im "Maschinenmarkt Österreich", Ausgabe 11/2019 veröffentlicht.)
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Heinz-Ulrich Schwarz (Monday, 20 November 2023 09:30)
Der Link auf die österreichische Quelle funktioniert nicht (mehr).
Janet Mo (Monday, 11 December 2023 17:19)
@Herr Schwarz:
Danke für den Hinweis. Der Link wurde aktualisiert.
VG,
Janet Mo